Perfekte Perspektiven: Unser Foto-Workshop war ein voller Erfolg
1. Ankommen
Voller Vorfreude und gespannt auf das, was uns erwartet, brachen wir vor einer Woche nach Ungarn auf. Unser Ziel: der Hortobágy-Nationalpark – besser bekannt als die „Puszta“.
Sechs Tage sollte unser erster dort abgehaltener Workshop dauern. Das Hauptmotiv: die zahlreichen Seeadler, die in dieser Region überwintern. So hatten wir es angekündigt – „Seeadler satt“ war unser Versprechen. Nebenbei erwähnten wir, dass es vielleicht die eine oder andere spannende Art zu fotografieren geben könnte. Die Erwartungen wollten wir bewusst nicht zu hoch ansetzen – unser Ziel war es, unsere Teilnehmer zu begeistern, ohne zu viel zu versprechen.
Doch der Reihe nach!
Der erste Wow-Moment ließ nicht lange auf sich warten – schon bei unserer Ankunft in der Lodge waren wir beeindruckt. Großzügige, moderne Zimmer, die perfekt auf Fotografen zugeschnitten sind: reichlich Stauraum, ein großer Schreibtisch mit Platz auch für zwei Personen, bequeme Betten und ein komfortables Badezimmer mit separatem Dusch- und Toilettenbereich. Jedes Zimmer verfügt zudem über eine eigene Terrasse mit Blick auf einen Salzsee – man kann sich lebhaft vorstellen, wie dort im Frühjahr das Leben erwacht.
Die Gastgeber der Lodge gaben ihr Bestes, um unseren Aufenthalt perfekt zu machen. Das Frühstück war abwechslungsreich und reichhaltig, voller frischer Produkte. Abends erwartete uns täglich ein frisch gekochtes Menü aus regionalen Zutaten – ganz ohne Fertigprodukte. Und selbst unser tägliches Lunchpaket war mit viel Liebe zusammengestellt und mehr als ausreichend.
Doppelzimmer
...leider erst bei unserer Abreise fotografiert, daher das ungemachte Bett!
Zweibettzimmer
Stauraum und Arbeitsplatz
Badezimmer
Abendessen Beispiel
2. Es geht los!
Voller Spannung warteten wir am nächsten Morgen auf unseren Fahrer, der uns zum Hide bringen sollte. Die Rucksäcke bis obenhin gefüllt mit allem, was unser Objektiv-Fundus hergab, kletterten wir in den geländegängigen Pick-up. Eine knappe halbe Stunde lang fuhren wir durch die noch in Dunkelheit gehüllte Landschaft, bis sich schließlich die Konturen des Hides vor uns abzeichneten.
Die Konstruktion war perfekt: tief in den Boden eingelassen, sodass wir auf Augenhöhe mit der Natur fotografieren konnten. Ein kleiner, von der frostigen Nacht noch überfrorener Teich, dazu einige strategisch platzierte Ansitze – das Setting für unseren ersten Tag stand.
Kaum war unser Fahrer verschwunden, tauchten auch schon die ersten neugierigen Gäste auf: Steppenmöwen, Kolkraben und Nebelkrähen, angelockt von der Aussicht auf eine leichte Mahlzeit. Für sie – und natürlich für die erhofften Hauptakteure des Tages – war bestens vorgesorgt. In den flachen Vertiefungen rund um den Tümpel lagen ganze Fische und Fischreste, um die Vögel anzulocken.
In der winterlichen, kargen Steppe wird ein solches Angebot gerne angenommen – und so dauerte es nicht lange, bis die ersten Seeadler am Himmel auftauchten.
Die Sonne war noch nicht aufgegangen, und der Himmel blieb wolkenverhangen. Wir richteten unsere Stative aus, die Spannung stieg – und mit irrwitzig hohen ISO-Werten feuerten wir los auf alles, was sich bewegte. Die anfängliche Euphorie eben! Bis kurz darauf doch die Vernunft einsetzte – zum Glück.
Zunächst überlegten wir, welches Objektiv sich am besten für die großen Vögel eignen würde. In der frühen Morgendämmerung brauchten wir auf jeden Fall ein lichtstarkes Glas. Meine Wahl fiel auf das Canon EF 300 mm f/2.8 mit Adapter an der R3 – eine gute Entscheidung. Mit zunehmendem Licht wechselte ich gelegentlich zum 600 mm f/4, stellte aber fest, dass es oft einfach zu groß war.
Auf meinem zweiten Body (R5) hatte ich das RF 200-800 mm f/6.3-9, um später bei besseren Lichtverhältnissen flexibel auf unerwartete Situationen reagieren zu können.
Was uns dann erwartete, war ein Spektakel, das niemand hätte erahnen können: Mehr als 50 Seeadler strömten aus allen Richtungen herbei, begleitet von Möwen und Rabenvögeln. Anfangs war das fast überwältigend, doch wir fanden schnell unseren Rhythmus und konnten gezielt unsere Szenen auswählen.
Sowohl junge als auch erwachsene Adler besuchten den kleinen Teich – gut zu unterscheiden an ihrem Gefieder und dem leuchtend gelben Schnabel der Altvögel. Die Wolkendecke riss stellenweise auf, sodass wir genug Licht zum Fotografieren hatten, aber glücklicherweise von harten Mittags-Schatten verschont blieben.
Unser Shooting dauerte fast zwölf Stunden – von frühmorgens bis nach Sonnenuntergang. Die Wasserstelle war der Dreh- und Angelpunkt des Geschehens: beeindruckende Interaktionen, dynamische Flugaufnahmen, perfekte Möglichkeiten für Hi-Key-Fotografie und beeindruckende Porträts aus nächster Nähe. In der letzten Stunde konnten wir sogar das goldene Gegenlicht der untergehenden Sonne nutzen.
Schon an diesem ersten Tag hatten wir unsere Speicherkarten randvoll – und das Abenteuer hatte gerade erst begonnen!
3. Seeadler oder Mäusebussarde mit Überraschungspotenzial ?
Für unseren zweiten Tag hatten wir die Wahl: Ein weiterer Hide für Seeadler in einem anderen Habitat – mit neuen Lichtverhältnissen und einem veränderten Setting – oder doch der Hide für Mäusebussarde? Letzterer versprach eine ganz besondere Chance: die Begegnung mit einem lang ersehnten Gast. Zumindest Karl und ich hatten ihn schon ewig auf unserer Liste, doch bislang gab es nur ein paar Belegfotos, auf denen man ihn gerade so erahnen konnte.
Die Rede ist vom Sakerfalken, auch Würgfalke genannt – einer extrem bedrohten Art, die in der ungarischen Puszta noch brütet und gelegentlich im Winter Futterstellen aufsucht. In ganz Europa gibt es nur noch etwa 700 Brutpaare. Die Entscheidung fiel uns daher nicht schwer: Mäusebussarde mit der Hoffnung auf einen Sakerfalken.
Nach einer kurzen Fahrt durch eine ländlich geprägte Gegend lag die offene Steppe vor uns. Einige Gräben durchzogen die Landschaft – eigentlich sollten sie zu dieser Jahreszeit Wasser führen, doch sie waren weitgehend trocken. In der Ferne standen vereinzelt Pappeln, ansonsten nur ein paar vertrocknete Disteln. Vor unserem Hide waren Ansitze in unterschiedlichen Entfernungen positioniert – clever präpariert, sodass das angebotene Futter unsichtbar blieb. Mir ist es immer ein Dorn im Auge, wenn auf genialen Fotos plötzlich Köder zu sehen sind. Klar, heute gibt es Tools, um das zu korrigieren, aber für Wettbewerbe sind solche Manipulationen nicht erlaubt. Doch ich schweife ab.
Das Setting war also klar: Weites Land, einige Ansitze, und auf einer Seite ein kahler Baum – nur ein paar Äste, keine Zweige. Tatsächlich landeten die Vögel zuerst dort, checkten die Lage und flogen erst dann zum Futterplatz.
Wie immer kamen zunächst die üblichen Verdächtigen: Nebelkrähen und jede Menge Elstern sicherten sich die ersten Happen. Nach und nach trafen auch die Mäusebussarde ein und boten fantastische Fotomotive im Morgenlicht. Die Sonne war gerade aufgegangen und tauchte die überfrorene Landschaft in ein zauberhaftes Orange-Rosé.
Die Ansitze lagen zwischen 12 und 50 Metern Entfernung vom Hide. Da ich auch Flugaufnahmen machen wollte, entschied ich mich für das Canon EF 300 mm f/2.8 mit Adapter an der R3. Den 1.4x Extender hatte ich griffbereit, mehr schien mir nicht nötig. Die anderen arbeiteten mit 500 mm Festbrennweiten und 200-800 mm Zoom.
Nach und nach versammelten sich 6–8 Bussarde auf dem kahlen Baum. Die Anflüge ließen sich wunderbar fotografieren, ebenso die unvermeidlichen Streitereien an der Futterstelle. Auch die Rabenvögel boten spannende Motive. Besonders faszinierend finde ich, wie das Sonnenlicht das Gefieder der Elstern durchleuchtet und die weißen Flügelpartien fast transparent wirken lässt.
Und dann – plötzlich war er da! Der Sakerfalke. Ein Männchen. Aber ausgerechnet im Feld rechts von uns, außer Reichweite der Kamera. Wir konnten es kaum fassen! Die Aufregung war riesig.
Er drehte große, schnelle Runden über der Steppe – in dieser für Sakerfalken typischen, atemberaubenden Geschwindigkeit. Vergiss es! Mit Stativ war da nichts zu machen. Ohne Stativ hätten wir uns wahrscheinlich gegenseitig die Objektive an die Köpfe geschlagen. Also hieß es: Warten. Und weiter auf die Bussarde konzentrieren.
Wenig später wurde es wieder spannend: Drei Greifvögel – etwa gleich groß – kämpften miteinander. Ein Sakerfalken-Pärchen und eine weibliche Kornweihe! Die Szene spielte sich relativ nah am Hide ab, und diesmal konnten wir einige Aufnahmen machen.
Plötzlich fiel einem Bussard ein Stück Futter zu Boden. Wie aus dem Nichts schoss das Sakerfalkenmännchen heran, schnappte sich die Beute – und war wieder weg. Die Enttäuschung war groß. War das etwa schon alles? Immerhin war es eine ordentliche Portion, die ihn für eine ganze Weile satt halten konnte.
Also wieder Fokus auf die Bussarde, auf die wendigen Elstern, die Kapriolen der Nebelkrähen. Sogar ein Kolkrabe ließ sich blicken.
Und dann – wie durch Geisterhand – war die Arena plötzlich leergefegt. Ein einzelner, heller Vogel näherte sich in schnellem Flug dem kahlen Baum. Ja! Er war es! Der Sakerfalke!
In aller Ruhe begann er, sich zu putzen, sicherte die Umgebung aus allen Richtungen. Nachdem er eine Weile dort oben verbracht hatte, kam er endlich heruntergeflogen – und gab uns eine atemberaubende Vorstellung. Was für ein majestätischer Falke!
Er war ganz allein auf der Fläche, nutzte verschiedene Ansitze, flog immer wieder kurze Runden – einfach nur großartig!
Unser Tagesziel war erreicht.